Nachahmung

Nachahmung ist die Fähigkeit eines Kindes in den ersten sieben Jahren, sich ganz mit seiner Umgebung und vertrauten Menschen zu verbinden. Es ist ein Mitvollzug bis in die Gedanken, Gefühle und Handlungen des vertrauten Menschen hinein. Beispielsweise ahmt ein Kind schon als junger Säugling Gesichtsausdrücke von Erwachsenen nach, die sich über den Wickeltisch beugen. Auch der Aufrichtungsprozess ist ein Nachahmungsvorgang: Ein Kind, das nicht unter Menschen aufwächst, wird sich nicht aufrichten, und ein Kind, das keine Sprache hört, wird nicht sprechen.

In der Waldorfpädagogik wird davon ausgegangen, dass das Kind im ersten Jahrsiebt nicht durch intellektuelle Belehrung, sondern durch nachahmendes Tun lernt. Daraus ergibt sich, dass der Persönlichkeit des Erziehers eine große Bedeutung zukommt, denn alles, was er oder sie tun, gibt dazu Anlass, von den Kindern nachgeahmt zu werden.

Bei uns im Kindergarten nehmen die Kinder über die Nachahmung Fingerspiele, Lieder und  Reigenspiele auf. Wir bemühen uns, ihnen Lebenszusammenhänge und Alltagstätigkeiten, wie z.B. Brötchen backen, Gemüseanbau, Ernte usw. so nahe zu bringen, dass sie diese durch Nachahmung lernen können. Unser Garten, der Wald, unsere Werkbank sowie die Zeit in unseren Zwergenhäusern geben uns genug Gelegenheit zu künstlerischen, gärtnerischen, handwerklichen, förstlichen und kreativen Tätigkeiten. Die Kinder wollen einerseits am echten Leben teilhaben und mithelfen, und andererseits greifen sie diese Tätigkeiten auf und verwandeln sie fantasievoll im Spiel. So werden Intelligenz und Verständnis natürlich geweckt.

Und sie nehmen natürlich auch wahr, wie wir mit anderen Erwachsenen umgehen, ob wir mit Freude und Staunen durch den Wald gehen, und ob wir in der Lage sind, den kleinen Missgeschicken des Tages mit Humor zu begegnen. Dies alles prägt die Kinder.

Bis zur Einschulung ist die Nachahmung ein dominierendes Entwicklungsgesetz. In unserem täglichen Leben im Kindergarten kann dies viele Formen annehmen:

Gemeinsam entdecken wir die Schätze des WaldesIm Wald gibt es wahrlich genug sinnvolle Dinge zu tun. Förster und Jäger, obgleich wir sie gar nicht oft sehen, sind bei den Kindern oft Thema und so wird manchmal Holz gesägt oder die Waldplätze werden aufgeräumt.

Ein besonderes Highlight sind die Baumkletterer, die spätestens alle 2 Jahre unsere Plätze sichern. Danach sieht man noch Wochen später, wie sich die Kinder einen Stock als Motorsäge umschnallen und es den Kletterern, auch in ihren Kletterkünsten, nachtun wollen.

Wenn wir frisches Feuerholz bekommen, dann wird natürlich erst mal Holz gehackt. Auch hier sieht man die Kinder direkt in die Nachahmung einsteigen. Der Stock, der vielleicht gerade noch eine Motorsäge war, wird nun zur Axt umfunktioniert.

Bei der Schafschur...... und beim Wollewaschen werden die Wollvorräte wieder aufgefülltAuch die Arbeit mit Wolle, Spinnrad, Webrahmen oder einfach nur mit Kordeln gehört in unserem Kindergarten dazu. Hierbei versuchen wir den ganzen Prozess für die Kinder erlebbar zu machen, angefangen von der Schafschur übers Wolle waschen, Wolle spinnen oder z.B. dem Kissen stopfen.

Wer nicht umgräbt, sät und gießt wird später auch nicht ernten könnenEin ganz wichtiger Teil unseres Kindergartens ist unser Garten. Alle Kinder helfen freudig mit beim Umgraben, jeder darf ein Samenkorn pflanzen und gemeinsam erleben wir, wenn wir denn fleißig gießen, das alles wächst und gedeiht. Zur Erntezeit wird alles zubereitet: Im Topf über dem Feuer, oder vielleicht auf der Pizza findet sich unser Gemüse dann wieder. Aber natürlich auch nur, wenn wir das Feuer anbekommen haben. Aber das Lernen unsere Waldkinder quasi in der Wald-Grundausbildung wie von selbst.